Samstag, 8. April 2023

Tippsammlung zu Kerbelrüben Teil 2

Da meine erste Tippsammlung zu Kerbelrüben schon fast ein Jahr alt ist und viel Text enthält, möchte ich die Ergänzungen nicht hineineditieren, sondern einen neuen Artikel beginnen. 

Auf Lateinisch heißen die Kerbelrüben Chaerophyllum bulbosum, auf Französisch cerfeuil tubéreux, auf Englisch root chevril. Das hilft bei der Online-Suche nach Tipps, Erfahrungen und Bezugsquellen. Da die Kerbelrüben in Frankreich in der Spitzengastronomie gefragt sind, findet man dort auch leichter Saatgut und es gibt sogar mehrere Züchtungen (Altan, Doléan, Végas)

Mischkultur: Da die Kerbelrüben wie die Karotten Doldenblütler sind, haben sie auch ähnliche Vorlieben und Abneigungen hinsichtlich ihrer Mischkulturnachbarn: Gute Partner sind demnach Zwiebeln, Knoblauch, Lauch, Schnittlauch, aber auch Endivien, Erbsen, Salate, Kohl. 

Zwiebeln und Laucharten halten mit ihrem Geruch die Möhrenfliege fern, die Kerbelrüben genauso befällt wie Karotten und Sellerie. Schlechte Partner sind Karotten (Möhren). Quellen für die Mischkulturtipps: https://www.jardiner-malin.fr/fiche/cerfeuil-tubereux.html und Schwester Christa Weinrich OSB: Mischkultur im Hobbygarten (Verlag Ulmer). 

Es wäre also überlegenswert, die Kerbelrübensamen im Spätherbst zwischen die Reihen der ebenfalls im Herbst gesteckten Knoblauchzehen oder zwischen Lauch oder Endivien für die Winter- und Frühjahrsernte zu säen. Da die Kerbelrübensamen erst Ende Februar / Anfang März keimen und bis dahin unsichtbar sind, muss man die Reihen gut markieren, damit man die Samen bei der Ernte der Wintergemüse nicht mit ausreißt.

Ob Dillsamen, wie bei Karotten, das Aufgehen der Saat fördern. müsste man gelegentlich ausprobieren. Für eine Dillernte dürfte die Aussaat im Spätherbst nicht mehr ausreichen. 

Aussaat: November - Dezember (solange der Boden nicht gefroren ist). Manche Quellen geben auch frühere Aussaattermine (Oktober) an oder sogar direkt nach der Ausreifung der Samen (August, September). Die Frühjahrsaussaat (Februar, Anfang März) wird nur erfolgreich, wenn man die Samen zuvor einer Kältestratifiktion unterzogen hat (in feuchtem Sand 3 Wochen bis zu 3 Monate im Kühlschrank oder - bei kaltem Wetter - im Freien lagern). Manche Anleitungen sprechen auch von Stratifikation im Tiefkühlschrank. In einer Anleitung steht, dass man die Samen nicht mit Erde bedecken soll - sie sind also offenbar Lichtkeimer. In den übrigen Anleitungen steht dazu nichts.

Pflege: Wenn die Samen gekeimt haben, ist das Ärgste schon geschafft. Rest wie bei Karotten (Möhren): gießen, wenn der Regen nicht ausreicht, sparsam düngen, Schädlinge beobachten und nach Möglichkeit fernhalten. (Netz) In einem französischen Artikel wird dazu geraten, ab Mai Kapuzinerkresse in die Nähe zu pflanzen. Die zieht Läuse magisch an und lenkt sie (vielleicht) von den Kerbelrüben ab.

Ernte: Wenn das Kraut gelb wird und einzieht, werden die Kerbelrüben erntereif. Das ist je nach Standort und Aussaattermin im Juli/August oder bei Frühjahrsaussaat auch erst im Herbst. Man entfernt die Blätter und lässt die frisch geernteten Rübchen ein paar Tage an der Sonne auf dem Beet abtrocknen und lagert sie dann in Sand im Keller. Durch die Lagerung werden sie weicher und süßer. Genußreif sind die Kerbelrüben ab September, sie lassen sich kühl einige Monate lang lagern. Wer genügend freie Beete und keine Wühlmäuse hat, kann die Rüben auch bis September in der Erde lassen.

Samenbildung: Die Blüte und Samenbildung erfolgt erst im Sommer des darauf folgenden Jahres, wenn man einige Rübchen in der Erde lässt oder (besser kontrollierbar) im Frühling in einen Blumentopf setzt. Die Samenstände an einem trockenen Tag abschneiden und auf Papier oder Stoff im Schatten nachtrocknen lassen. Die Samen sehen ähnlich aus wie Kümmel. Sie behalten ihre Keimfähigkeit nur kurz (daher die fallweise Empfehlung, sie sofort wieder zu säen). Für die Lagerung sollen sie sehr gut ausgetrocknet sein und am besten im Tiefkühlschrank gelagert werden.

Schädlinge und Krankheiten: Die Kerbelrübe wird in den meisten Beschreibungen als recht robust bezeichnet. Mögliche Schädlinge sind neben der bereits erwähnten Möhrenfliege Erdflöhe und Rote Spinnen. Gegen die Möhrenfliege hilft Mischkultur mit Lauchgewächsen und anderen stark duftenden Pflanzen, gegen Erdflöhe und Rote Spinnen hilft Feuchtigkeit, also regelmäßig gießen, wenn es nicht regnet. Eine Abdeckung mit einem feinen Netz ab April kann ebenfalls helfen. Das erste zarte Grün wird auch von Schnecken gerne gefressen, größere Pflanzen lassen sie dann in Ruhe.

Giftigkeit? In einer französischen Kulturanleitung fand ich unter der Zwischenüberschrift "Anekdoten" den Hinweis, dass das Kraut der Kerbelrüben unangenehm riecht und - ähnlich wie Schierling - giftige Alkaloide enthält; essbar und schmackhaft sind nur die Rüben. https://www.fermedesaintemarthe.com/reussir-la-culture-du-cerfeuil-tubereux-p-18165 Dieser Hinweis findet sich merkwürdigerweise nur in französischen Quellen. In der Wikipedia wird eine wild wachsende Chaerophyllumart namens Hecken-Kälberkropf oder Taumel-Kälberkropf erwähnt, deren Kraut schwach giftig ist. Dort wird vermutet, dass Berichte über Vergiftungen auf Verwechslungen mit dem Schierling beruhen https://de.wikipedia.org/wiki/Hecken-K%C3%A4lberkropf (Und ja, wer in der freien Natur Kräuter und Wurzeln aus der Familie der Doldenblütler sammelt, muss sich bewusst sein, dass es darunter einige sehr giftige gibt.) Die einzige deutschsprachige Quelle, welche die in Chaerophyllum bulbosum angeblich enthaltenen Giftstoffe untersucht hat, ist ein Text des Braunschweiger Apothekers Louis Polstorff von 1839 (Volltext leider nicht frei zugänglich https://www.deepdyve.com/lp/wiley/vorl-ufige-bemerkungen-ber-das-chaerophyllin-oder-den-wirksamen-stoff-kV4yd0mK81) Der hat aber weder die Knolle noch das Kraut untersucht, sondern die Samenkörner und hatte davon zu wenige, um ausführliche Tests zu machen.

Verwendung in der Küche: Die Kerbelrüben ähneln vom Geschmack den Maroni (Edelkastanien). Sie werden nur gewaschen und dabei mit gut abgebürstet, nicht geschält. Danach kann man sie rösten, braten, dünsten, in Dampf garen, kochen, pürieren, zu Suppe, Gratin oder Soufflee verarbeiten - die Zubereitungsmöglichkeiten sind ähnlich vielfältig wie bei Kartoffeln, die Kochzeit aber deutlich kürzer (5 - 8 Minuten). Roh geraspelt kann man sie wie Karotten für Rohkostsalat verwenden. Da meine Ernte im Vorjahr in einer kleinen Handvoll winziger Rübchen bestand, habe ich sie nach dem Waschen in Butter gebraten und leicht gesalzen und andächtig verspeist. Eine Rezeptidee für die nächste Ernte ist im garten-pur Forum erwähnt worden: gemeinsam mit mehligen Erdäpfeln zu Gnocchi verarbeiten und dann Trüffel darüber hobeln. Klingt sehr edel! (Trüffelbutter geht sicher auch und ist leichter zu beschaffen.)

Eine ausführliche Beschreibung der Wildform der Kerbelrübe aka Knolliger Kälberkropf aka Rübenkälberkropf https://www.burgenlandflora.at/flora/detail/chaerophyllum-bulbosum/ und der weiteren Verwandtschaft https://www.baumschule-horstmann.de/gattung/kaelberkroepfe und noch mehr Fotos von diversen Kälberkropfarten http://blumeninschwaben.de/Zweikeimblaettrige/Doldenbluetler/kaelberkropf.htm.

Eine wissenschaftliche Untersuchung der Kerbelrüben als Stärkequelle (geht auch auf die Veränderung des Zuckergehalts während der Lagerung ein) https://www.researchgate.net/publication/283885757_Chaerophyllum_bulbosum_A_new_vegetable_interesting_for_Its_root_carbohydrate_reserves

Diverse französische Beschreibungen: https://www.jardiner-malin.fr/fiche/cerfeuil-tubereux.html
https://www.gerbeaud.com/jardin/fiches/cerfeuil-tubereux-semis-culture,1625.html
https://www.fermedesaintemarthe.com/reussir-la-culture-du-cerfeuil-tubereux-p-18165
https://www.rustica.fr/legumes-et-potager/cerfeuil-tubereux-fiche-culture,3721.html
https://jardinage.ooreka.fr/plante/voir/343/cerfeuil-tubereux
https://jardinage.lemonde.fr/dossier-444-cerfeuil-tubereux.html
https://www.fermedesaintemarthe.com/cerfeuil-tubereux-ab-p-1380
https://www.mangeons-local.bzh/cerfeuil-tubereux/ (Rezeptideen)
https://www.princedebretagne.com/de/unser-gemuese/kerbelruebe
Rezeptvorschläge in diversen Sprachen
https://www.kochwiki.org/wiki/Kerbelknollencremesuppe (Hinweis: Kerbel ist trotz ähnlichen Namens eine andere Pflanzenart als Kerbelrübe. Wer keinen Kerbel bekommt, kann auch Petersilie auf die Suppe streuen)

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